Endlich war es soweit. Meine erste Kongressteilnahme. Der Titel „Psychosomatik als Perspektive“ ließ viel Freiraum für Assoziationen. Umso mutiger schien es mir den Kongress mit einem Vortrag zur Klimakrise zu eröffnen, denn die Perspektive konnte ja nur negativ gezeichnet sein. Der hervorragende Referent, Prof Dr. Dr. Schellnhuber, hat das Publikum erfolgreich deprimiert. Die Klimakrise als akute Bedrohung und der vorgehaltene Spiegel der eigenen Verdrängung war präzise und auf den Punkt erklärt. Aber Dank der leidenschaftlichen Vortragsweise und des Ausblickes am Ende konnte zumindest ein kleiner Funke Hoffnung als Perspektive bestehen.
Aber warum über Perspektiven der Psychosomatik tagelang referieren, wenn die Welt eh zu Ende geht? Naja ich schätze, dass die Psychosomatik es sich zum Ziel gesetzt hat, den Menschen ganzheitlich zu betrachten und somit auch nicht damit aufhört bevor die Welt untergeht 😉
Ich kann auf jeden Fall festhalten, dass ich die Kongresszeit effektiv ausgenutzt und viele Vorträge gehört habe. Trotzdem hätte ich gerne noch an vielen weiteren teilgenommen. Die größte Herausforderung war definitiv sich zu entscheiden!
Nun aber zu meinen fachlichen Highlights des Kongresses. Mich persönlich haben vor allem die Themen Psychoonkologie und Essstörungen schon lange interessiert aber sind innerhalb des Psychologiestudiums, für meinen Geschmack, zu kurz gekommen. Umso gespannter war ich auf aktuelle Forschungsergebnisse aus diesen Bereichen und habe die Veranstaltungen fleißig in meinem Kongressplaner markiert. Die Vorträge innerhalb des Symposiums zu Barrieren der Inanspruchnahme der psychoonkologischen Versorgungsangebote waren für mich besonders wertvoll. Da ich vor Kurzen selbst meine Tätigkeit im Bereich der Psychoonkologie und im Konsildienst begonnen habe, war die strukturierte Aufarbeitung und Diskussion hilfreich, um mangelnde Inanspruchnahme besser verstehen zu können.
Darüber hinaus hat mich die Vielfalt der Beiträge erfreut, da ebenfalls auch tiefenpsychologische sowie analytische Therapiestudien vorgestellt wurden. Insbesondere durch die Mini-Talk-Symposien zu Persönlichkeit und Identität konnte ich viele Impulse mitnehmen. Die Kongress-Geübten können mit all den Impulsen sicherlich locker umgehen. Ich brauchte da auch mal eine Kola um meine Konzentration wieder zu sammeln.
Aber eigentlich wollte ich den Kongress ja insbesondere nutzen, um mich für mein Promotionsthema inspirieren zu lassen. Nun ich muss sagen, jetzt habe ich fast schon zu viel Inspiration, die ich sortieren muss. Der Kongress hat mir viele weitere Inspiration (Interventionsforschung, Bedarf/Barrieren, individuell angepasste Interventionen, spezifische Patienten_innengruppen, Körperbild, Sexualität) gegeben. Insbesondere war es für ermutigend so viele engagierte sowie beeindruckende Frauen in der Forschung zu sehen und natürlich auch vortragen zu hören. Ebenfalls war die Preisverleihung für die Nachwuchsforschung oder auch das Qualifizierungsprogramm klinische Forschung sehr einprägsam.
Meine persönliche Perspektive wurde somit bestärkt und bleibt die Psychosomatik, sowohl in der therapeutischen als auch in der wissenschaftlichen Arbeit. Die Vielfalt des Gebietes hält Abwechslung und genug unerforschtes Terrain bereit, damit ich für mich auch eine langfristige berufliche Perspektive entwickeln kann.
Blogbeitrag von Lara Dreismann