Älter werden in Würde, ewige Jugend, Schönheitsideale, Leistungsideale, der Stellenwert der Generationen, des „Ruhestandes“, gesund älter werden, und dabei Lebensqualität behalten: diese Themen kommen mir in den Sinn, wenn es um „Alter im Wandel“ geht. Nicht nur einfach alt werden, sondern gesund alt werden – nicht nur zwanghaft Lebensjahre aufsummieren, sondern, im Zweifel wenigeren Jahren mehr Qualität und Lebensfreude geben. Diese Themen wurden, neben den einzelnen Fachgebieten wie Herz, Haut oder Krebserkrankungen, wie ein roter Faden den ganzen Kongress über bemerkt, mal ganz subtil zwischen den Zeilen und unscheinbar, mal offen und fast schonungslos vor unser aller Augen. Das Motto des Kongresses hat sich also gut wiedergespiegelt und war mal mehr mal weniger, immer konsistent, behandelt.
Psychokardiologie, Psychoonkologie, Psychodermatologie – endlich!
Darauf habe ich mich am meisten gefreut. Als Medizinstudent aus Greifswald im 6. Jahr, kurz vor dem Berufseinstieg und besonders der Wahl der Fachrichtung interessiere ich mich sehr für fächerübergreifende Aspekte und die ganzheitliche Heilkunst. Ich frage ich mich: welchen Stellenwert hat die Psyche bzw. der Geist des Menschen in der ansonsten eher körperbetonten Medizin? Warum hat sich die Psychosomatik im deutschsprachigen Raum als eigenes Fach herausgebildet, anders als im anglophonen, wo jeder Fachbereich seine eigene Psychosomatik macht? Die Kardiologen, die Dermatologen, die Onkologen – jede Erkrankung hat auch eine mehr oder minder größere psychische Komponente, der wir gerecht werden müssen.
Über den Horizont der Universität hinaus: Spannung pur
Begriffe wie Psychokardiologie oder Psychodermatologie sind eher unbekannt, selbst in meiner Universität. Leider habe ich diese nur privat gelesen, nie im Studium, was ich als unzureichend empfunden habe. Als ich einmal in einer Kardiologie-Vorlesung die Psychokardiologie (zum Beispiel Depression nach Herzinfarkt o.ä.) angesprochen habe, bin ich auf ungewolltes Unwissen gestoßen. Also habe ich das autodidaktisch angegangen, war aber sehr froh, diese Worte nun im Rahmen eines Kongresses zu sehen. Obwohl die Psychosomatik ein kleines, von manchen vergessenes Fach ist bzw. wenig Lobbysmus hat, finde ich aus PatientInnensicht diesen Bereich überaus wichtig.
Klimawandel und die Psyche
Sehr spannend und überragend bedeutend als junger Mensch finde ich die Zukunft unseres Klimas. Die Auswirkungen des Gesundheitssektors (rund 5% der CO2-Equivalente in Deutschland) und durch diesen Beitrag auch indirekt eine Verschlechterung zum Beispiel von Herz- und Lungengesundheit, Feinstaub, Asthma, Allergien, Zoonosen (wie z.B. Dengue-Fieber, Zika-Virus rücken nach Norden, erste Populationen von Tigermücken, den Überträgern, schon in Thüringen und Bayern…) betrifft uns alle schon jetzt. Uns Menschen in Deutschland etwas weniger als im Globalen Süden, aber auch schon hierzulande ist dieses Jahr z.B: El Nino mit mehr Hitzewellen angekündigt. Dies betrifft vor allem verletzliche Gruppen wie ältere Menschen, aber auch Schwangere, Neugeborene oder Erkrankte. Hier spielt das Alter also auch nochmal eine besondere Rolle, als besonders betroffene Gruppe. Dazu muss gesagt werden: die Psychosomatik als sprechende Medizin hat nur einen geringen Anteil… aber auch hier gilt: die gesunde Ernährung ist nicht zufällig auch eine pflanzenbasierte; und die Bewegung der Wahl ist nicht nur zufällig gesund für den Körper, sondern auch für das Klima: gehen und Rad fahren.
Berufsziel Hausarzt im Grünen
Ich möchte Hausarzt werden, und zwar entgegen des Geistes der Zeit, auch noch auf dem Land (Stichworte Beziehungsmedizin, Ruhe, gute Luft). Ein Großteil der Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Bauchschmerzen o.ä. ist sicherlich zumindest psychisch teilbedingt, wenn nicht sogar ganz psychosomatisch kausal. Dazu kommt eine Stigmatisierung, aus Unwissenheit, und ein generelles Ablehnen der Psyche als Teil der Krankheut. Daher ist mir die Psychosomatik sehr wichtig – auch weil die in der Universität nur stiefmütterlich gelehrt wurde. Und auch, um den Fachkräftemangel psychologischer Fachkräfte auf dem Land etwas abzumildern, vielleicht zusätzlich als ärztlicher Psychotherapeut, aber sicher mit einer guten psychosomatischen Grundversorgung. Ich glaube tatsächlich, dass Gesundheit durch die überaus mächtige Psyche gefördert und erhalten werden kann – bis ins hohe, gesunde und würdevolle Alter.
Vielen herzlichen Dank an die DGPM – Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und ärztliche Psychotherapie und insbesondere der „Perspektive Psychosomatik“ für diese bereichernde, den Horizont erweiternde und über den Tellerrand blicken lassende Möglichkeit! Danke!